
Perfektionismus ablegen: Wie du perfektionistisches Verhalten überwindest
In unserer Gesellschaft ist er allgegenwärtig: Perfektionismus, und zwar in jeder Form. Wir Hochsensiblen neigen dazu, sehr schnell perfektionistische Verhaltensweisen auszubilden. Warum das so ist, und wie du Perfektionismus ablegen kannst, erfährst du jetzt.
Du nimmst mit:
- was Perfektionismus ist und wie er sich im Alltag äußert
- wie traumatische Erfahrungen die Ausbildung eines solchen Verhaltens begünstigen
- warum vor allem Selbstliebe und Selbstakzeptanz helfen, um Perfektionismus abzulegen
Was ist Perfektionismus überhaupt?
Manche bezeichnen ihn als Persönlichkeitsmerkmal, andere als Verhaltensweise.
Ich persönlich würde Perfektionismus als ein erlerntes Verhalten bezeichnen, das sich infolge ungünstiger emotionaler und sozialer Bedingungen entwickelt hat – und dem auch eine gewisse (genetische) Veranlagung zugrunde liegt.
Was meine ich konkret?
Perfektionismus äußert sich vor allem durch sehr hohe Ansprüche an sich selbst und andere, einen sehr strengen inneren Kritiker und Antreiber sowie Kontrollstreben. Oft schwingt eine permanente Versagensangst (Angst, nicht gut genug zu sein) und Angst vor Kontrollverlust mit.
Im Grunde handelt es sich bei Perfektionismus um die Angst, andere könnten die eigene Fehlbarkeit erkennen und einen aufgrund dessen (wieder) verletzen, demütigen und beschämen. Und natürlich liegt die Ursache von Perfektionismus – wie so oft – in der Kindheit.
Die Ursachen liegen in der Kindheit!
Perfektionistisches Verhalten ist, in seiner krankhaften, dysfunktionalen Form, eine Traumafolge und kann zu Depressionen und anderen Erkrankungen führen.
Besonders, wenn du als hochsensibler Mensch in der Kindheit für deine bunte Gefühlswelt gerügt worden bist, deine Wahrnehmungen angezweifelt wurden und du für jeden „Fehler“ bestraft wurdest, liegt es nahe, perfektionistisches Verhalten auszubilden.
Denn Menschen mit Hochsensibilität sind auf ein liebevolles und bestärkendes Umfeld angewiesen, das dabei unterstützt, die eigene Intuition gesund zu leben. Die meisten von uns hatten ein solches Umfeld in der Kindheit nicht.
Je öfter hochsensible Kinder gespiegelt bekommen, dass sie nicht in Ordnung sind, desto früher und stärker bilden sich Perfektionismus und die Angst vor Fehlern aus.
Warum? Weil wir Hochsensiblen in vielerlei Hinsicht empfindlicher reagieren auf:
- Bewertungen unserer Bezugspersonen
- nonverbal kommunizierte oder direkt ausgesprochene Erwartungen
- erlebten Schmerz, der sich tief in unsere Seele brennt
- das Gefühl, unverstanden zu sein und uns nicht zugehörig zu fühlen
- unser soziales Umfeld, ihre inneren Verletzungen und daraus resultierende Ansprüche an uns
Es ist unser natürlicher Anspruch, Dinge „gut“ zu machen.
Wird die Erfüllung unserer Grundbedürfnisse (z. B. Liebe) allerdings an Leistungen geknüpft, erzeugt das automatisch Druck und Angst. Und die sind idealer Nährboden, um krankhaften Perfektionismus zu entwickeln.
Dysfunktionalen Perfektionismus ablegen: Ist das möglich?
Es ist wichtig, zu unterscheiden, ob Perfektionismus noch sinnstiftend oder schon krankhaft ist.
Manchmal ist ein wenig Kontrolle nicht schlecht! Wenn deine Gedanken allerdings permanent darum kreisen, ob du wirklich alles richtig gemacht hast und dich für jeden Fehler verurteilst, dann ist dein perfektionistisches Verhalten zu einer Bürde geworden.
Grundsätzlich versucht der innere Perfektionist, dich vor einer erneuten Beschämung seitens deines sozialen Umfelds zu bewahren, also dein (emotionales, soziales) Überleben zu sichern. Je größer er allerdings wird, desto mehr beraubt er dich deiner Leichtigkeit und Lebensfreude.
Ich persönlich habe mich die meiste Zeit meines Lebens für all das, was nicht „perfekt“ gelaufen ist, geschämt. So sehr, dass ich manchmal gern im Erdboden versunken wäre. Ich bin so oft für meine natürliche Menschlichkeit gedemütigt worden, dass ich irgendwann einen extrem hohen (nicht erfüllbaren) Anspruch an mich entwickelt hatte.
Erst, als nichts mehr ging, habe ich lernen müssen, Perfektionismus abzulegen. Und das hat natürlich eine Weile gedauert!
Selbstmitgefühl: Die Basis, um Perfektionismus zu überwinden
Du kannst deinen Perfektionismus ablegen – wenigstens zu einem gewissen Teil. Und das bringt dir eine Menge Leichtigkeit in dein Leben zurück. Ein liebevoller Umgang mit dir selbst ist die Basis, um dein perfektionistisches Verhalten zu reduzieren.
Ich habe das lange nicht verstanden.
Warum soll ich denn liebevoll mit mir sein, trotz dem ich Fehler mache (was übrigens normal ist, wenn man ein Mensch ist). Meine Liebe zu mir war immer davon abhängig, dass ich möglichst alles richtig mache. Ein Fehler – und schon habe ich mich selbst verurteilt, mich noch mehr unter Druck gesetzt. Ein Teufelskreis, der zu immer mehr Stress geführt hat.
Für dich ist es wichtig, zu verstehen, dass du dysfunktionalen Perfektionismus entwickelt hast, weil du verletzt worden bist. Er ist die Folge traumatischer Erfahrungen, die dir weh getan haben.
Erst, als ich das begriffen hatte, wurde ich ein wenig sanfter zu mir. Endlich erhielt ich Zugang zu all dem Schmerz, der sich über die Jahre angestaut hatte. Ich durfte trauern, meine Wut zulassen, und lernte, mir liebevoll zu begegnen.
Je besser ich das konnte, desto weniger Angriffsfläche hatte der Perfektionismus. Mit zunehmendem Selbstmitgefühl konnte ich ungesunde Erwartungen loslassen und mir ein gutes Stück Leichtigkeit zurückholen.
3 Tipps für den Alltag, um perfektionistisches Verhalten abzubauen
Ich weiß, wie schwer es ist, alte Muster loszuwerden und durch gesünderes Verhalten zu ersetzen. Aber es ist möglich! Und du schaffst das auch.
Um Perfektionismus abzulegen, kannst du im Alltag auf 3 kleine Dinge achten:
- Versuche, dein Körpergefühl zu stärken. Je besser du mit deinem Körper verbunden bist, desto weniger Zeit verbringst du im Kopf. So kannst du das innere Gefühl von Sicherheit erhöhen – der Perfektionismus nimmt langsam ab. Zudem kannst du jetzt viel besser Grenzen setzen.
- Beame dich in den Beobachtermodus, wenn du bemerkst, dass du gerade viel zu streng mit dir bist. Du kannst diese Fähigkeit trainieren und identifizierst dich weniger mit dem verurteilenden inneren Kritiker.
- Werde der beste Freund/die beste Freundin für dich. Ja, das geht (und dauert, aber das ist OK). Pflege einen liebevollen Umgang mit dir. Wann immer du merkst, dass da gerade der innere Perfektionist werkelt, sprich dir innerlich gut zu.
Fazit: Perfektionismus ablegen durch Selbstmitgefühl
Niemand ist perfekt!
Und niemand muss perfekt sein, um geliebt zu werden. Verstehe, dass dein Überleben nicht (mehr) davon abhängig ist, wie andere dich beurteilen.
Du bist liebenswert, mit allem, was dich ausmacht!
Perfektionistisches Verhalten ist anstrengend. Du kannst es nach und nach abbauen, indem du lernst, den Schmerz darunter anzuerkennen und zu heilen. Die Stärkung deiner Körperwahrnehmung und ein liebevoller Umgang mit dir und deiner Einzigartigkeit helfen dir dabei, Perfektionismus abzulegen. In meiner PDF zum Thema „Perfektionismus abbauen“ findest du noch mehr Infos dazu.
Ich weiß genau, dass du das schaffst! Falls du dabei ein wenig Unterstützung brauchen solltest, dann nimm doch gern Kontakt zu mir auf.