
Grenzen setzen lernen: 3 Tipps für Menschen mit Hochsensibilität
Hochsensiblen Menschen fällt es besonders schwer, Grenzen zu setzen und für sich einzustehen. Geht es dir auch so, dass du die Bedürfnisse anderer oft über deine eigenen stellst? Ist nicht schlimm! Ich gebe dir heute 3 Tipps mit auf den Weg, die dir dabei helfen können, dich besser abzugrenzen.
Du nimmst mit:
- weshalb es dir schwerfallen könnte, Grenzen zu setzen
- warum mangelhafte Abgrenzung oft mit einem zu hohen Verantwortungsgefühl gegenüber anderen zu tun hat
- wie sich deine Beziehungen verbessern, wenn du deine Grenzen abstecken kannst
Übrigens: Ein tolles Kinderbuch zum Thema Grenzen setzen heißt „Lena zeigt klare Kante“ und ist auch als Hörbuch erhältlich.
Warum kann ich keine Grenzen setzen? Hochsensibilität & Abgrenzung
Zugegeben: Ich musste in den letzten Jahren mühsam lernen, mich von anderen Menschen abzugrenzen.
Denn früher habe ich gelernt, dass ich für andere Verantwortung tragen muss und es meine Aufgabe ist, mein soziales Umfeld zufriedenzustellen. Wenn ich den Erwartungen nicht entsprochen hatte, fühlte ich mich schnell schuldig.
Menschen mit Hochsensibilität sind von Natur aus mit viel Empathie und Verantwortungsbewusstsein ausgestattet. Durch ihr Gespür für Schwingungen nehmen sie wahr, wie es den Menschen in ihrer Nähe wirklich geht und versuchen, ihnen zu helfen. Sie neigen dazu, sich aufzuopfern und ihre eigenen Bedürfnisse zu übergehen, um leidenden Bezugspersonen eine Stütze zu sein und Harmonie herzustellen.
Vor allem Kinder, deren Bezugspersonen es nicht gut geht (z. B. durch eine Krankheit) haben so kaum Chancen, ihre eigenen Grenzen kennenzulernen bzw. ihre Bedürfnisse durchzusetzen. Im Erwachsenenalter fällt es dann oft schwer, für sich selbst einzustehen und „Nein“ zu sagen.
Diese 6 Gründe könnten erklären, warum es dir schwerfällt, gesunde Grenzen zu setzen:
- Vielleicht wurdest du gerügt oder bestraft, wenn deine Grenzen früher übergangen worden sind und du dadurch emotional überfordert warst (z. B. einen Wutanfall bekommen hast).
- Du hast gespürt, dass dein Umfeld mit deiner Hochsensibilität überfordert war und du hast dich aus Rücksicht auf sie zurücknehmen müssen.
- Deine Bedürfnisse wurden möglicherweise belächelt oder als persönliche Schwäche gewertet.
- Um dich zugehörig zu fühlen, hast du deine eigenen Grenzen vielleicht bewusst ignoriert, um dich anzupassen und von anderen gemocht zu werden.
- Du hast ein Trauma erlitten (z. B. einen Unfall), wodurch deine Fähigkeit, klare Grenzen zu setzen, verlorengegangen ist.
- Dir wurde beigebracht, dass du nur dann wertvoll bist, wenn du viel Leistung bringst und anderen gefällst.
Kommt dir einiges davon bekannt vor?
Wie du siehst, ist deine ausbaufähige Abgrenzungsfähigkeit keine persönliche Schwäche, sondern ein Zeichen dafür, wie empathisch und verletzlich du bist/warst! Und dass du wahrscheinlich in Umständen gelebt hast, die nicht besonders zuträglich waren.
Umso mehr hast du es verdient, jetzt für dich einstehen zu können!
Tipp Nr. 1: Verantwortung zurückgeben
Das Schwierigste und zugleich Heilsamste für alle (Hochsensible), denen Abgrenzung schwerfällt, ist: Du bist NICHT VERANTWORTLICH für andere Menschen!
Obwohl du spürst, wenn es einem Menschen in deinem Umfeld schlecht geht, bist du nicht dafür verantwortlich, dass es ihm besser geht.
Das klingt vielleicht hart.
Denn deine sensiblen Antennen und dein Harmoniebedürfnis sind automatisch darauf gepolt, deinen Liebsten zu helfen. Trotzdem ist das nicht deine Aufgabe, schon gar nicht, wenn du dafür deine eigenen Grenzen übergehen musst!
Der einzige Mensch, für den du Verantwortung übernehmen solltest, bist du selbst.
Und das heißt auch, die Verantwortung für andere an diese zurückzugeben. Glaub mir, ich weiß, wie schwer das ist. Die alten Programme werden dir zunächst ein schlechtes Gewissen machen. Aber im Grunde ist es ein riesiges Geschenk, das du dir selbst machst, wenn du dich nicht mehr für andere verantwortlich fühlst.
Wann immer dein Kopf dir ein schlechtes Gewissen macht, wenn du dich von bedürftigen Erwachsenen abgrenzen willst, dann wisse:
- Du bist wertvoll und sicher, ohne andere zu retten und für sie die Verantwortung zu übernehmen.
- Du bist wertvoll und sicher, ohne etwas leisten zu müssen.
- Du bist wertvoll und sicher, auch wenn deine Mitmenschen dich für deine Grenzen verurteilen.
Sobald du die Verantwortung für andere von dir abgeschüttelt hast, kannst du deine Eigenverantwortung viel besser tragen.
Eigene Grenzen zu setzen, wird so überhaupt erst möglich. Und erst so kannst du herausfinden, ob/wie viel Verantwortung du für einen anderen Menschen in einer bestimmten Situation tragen möchtest.
Abgrenzung – Tipp Nr. 2: Selbstbewusstsein & Selbstvertrauen stärken
Gesunde Grenzen setzen kannst du besser, wenn du unabhängiger von anderen Menschen bist (vor allem emotional).
Hochsensible Menschen haben durch ihren 7. Sinn oft ein außergewöhnlich hohes Bedürfnis nach Harmonie im sozialen Umfeld. Im Hintergrund schwingt da oft die Angst, allein zu sein und damit nicht zurechtzukommen.
Darum ist eine ordentliche Portion Selbstbewusstsein nötig, um die eigenen Grenzen zu verteidigen. Sobald du Eigenverantwortung tragen und innere Geborgenheit spüren kannst, ohne, dass sie dir ein anderer Mensch geben muss, bist du emotional unabhängiger.
Das gibt dir einen ordentlichen Push. Du weißt um deine innere Stärke, bist nicht mehr so sehr auf andere angewiesen und kannst dich dadurch besser abgrenzen.
So kannst du dein Selbstbewusstsein und dein Selbstvertrauen stärken:
- Nimm dir Zeit für dich und finde heraus, wie du deine Bedürftigkeit stillen und dir Geborgenheit geben kannst.
- Kümmere dich um das, was in dir verletzt und verängstigt ist. Suche dir bei Bedarf professionelle Hilfe.
- Stelle dich vor den Spiegel und sage dir, dass du wertvoll und liebenswert bist. Mit der Zeit klappt das immer besser!
- Finde heraus, wo deine eigenen Grenzen liegen, indem du deine Komfortzone Stück für Stück verlässt – in deinem Tempo.
- Sorge für kleine, regelmäßige Erfolgserlebnisse in deinem Alltag (z. B. Sportroutine).
Mache dir auch bewusst, wer DU bist – wo du anfängst und wo du aufhörst!
Was zeichnet dich außer deiner Hochsensibilität aus? Was kannst du, wie kein anderer? Was hast du alles schon erreicht, obwohl du Schwierigkeiten meistern musstest? Gibt es etwas in dir, was sich ein bisschen fremd anfühlt und nicht zu dir zu gehören scheint?
Dieser Prozess der Selbsterkenntnis hilft dir dabei, gesunde Grenzen in Beziehungen setzen zu können und für dich einzustehen.
Grenzen setzen lernen – Tipp Nr. 3: Konfliktfähigkeit stärken
Im besten Fall konntest du dich innerlich davon befreien, für andere Verantwortung zu tragen, und hast darüber hinaus schon viel Selbstbewusstsein gewonnen.
Um dich noch besser von anderen Menschen abzugrenzen und deine Hochsensibilität zu schützen, solltest du deine Konfliktfähigkeit stärken.
Erst, wenn du streitbar bist und dich verteidigen kannst, wenn sich jemand mit dir anlegt (z. B. dich abwertet oder in die Enge treiben will), ist es dir möglich, deine Grenzen konsequent abzustecken.
Je vertrauter dir ein Mensch ist, desto schwerer fällt es dir vielleicht, Konflikte auszutragen. Und dennoch solltest du dir zuliebe lernen, vor allem Eltern und Freunden gegenüber Grenzen zu setzen, um dein Wohlbefinden nicht zu gefährden. Ständige Harmonie ist eine Erwartung, die nicht zur Natur des Menschen passt.
Langanhaltende, latent schwelende Konflikte rauben dir nämlich mehr Kraft, als ein kurzer Plauz mit ein bisschen Streit. Ich persönlich finde: Je konfliktfähiger ein Mensch ist, desto größer sind seine innere Stabilität und emotionale Unabhängigkeit.
Und ein Konflikt ist nichts Schlechtes! In meinen Augen werden Beziehungen erst dann richtig echt und schön, wenn jeder seine eigenen Grenzen kommunizieren kann und Konflikte ausgetragen werden.
Keiner sagt, dass man beleidigend übereinander herziehen muss. Vielmehr geht es darum, den eigenen Standpunkt zu vertreten und klare Grenzen zu setzen. Deine Beziehungen (egal, welcher Art) werden davon profitieren, wenn du authentisch sein kannst und mitteilst, wenn dir etwas gegen den Strich geht.
Übe dich also ruhig darin, streitbarer zu werden, indem du mehr und mehr ansprichst, wenn dich etwas stört. Beginne mit kleinen Dingen, bis du so sicher bist, auch große Stressoren gezielt ansprechen zu können.
Fazit: Klare Grenzen setzen trotz/mit Hochsensibilität
Auch wenn es dir noch schwerfällt, dich von anderen Menschen abzugrenzen: Mit der Zeit wirst du immer besser darin, deine Bedürfnisse zu äußern und für dich einzustehen!
Lerne zuerst, dass du in erster Linie Verantwortung für dich selbst tragen musst und finde heraus, wie du dein Selbstvertrauen und dein Selbstbewusstsein stärken kannst. Sobald du weißt, wo deine Grenzen liegen, wird es dir leichter fallen, diese gegenüber anderen zu verteidigen.
Irgendwann wirst du es auch schaffen, deinen eigenen Eltern Grenzen zu setzen und in deinen anderen Beziehungen auf deine Grenzen zu achten. Baue deine Konfliktfähigkeit immer weiter aus, damit du dich auch in schwierigen Situationen verteidigen kannst.
Gib nicht auf und lass dir viel Zeit bei diesem Prozess!
Denke immer daran: Du bist ein wertvoller Mensch und hast es verdient, dass deine Grenzen respektiert werden! Falls du in dieser Hinsicht ein wenig Unterstützung brauchst, nimm gern Kontakt zu mir auf.